IN WELCHEN FÄLLEN HABE ICH DAS RECHT DIE AUSSAGE ZU VERWEIGERN?
Zunächst ist im Strafprozess zwischen dem Aussageverweigerungsrecht und dem Zeugnisverweigerungsrecht zu unterscheiden.
Das Aussageverweigerungsrecht ergibt sich aus § 135 Abs. 1 Satz 2 StPO und betrifft das Recht des Beschuldigten zur Sache zu schweigen. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass keiner verpflichtet ist an seiner eigenen Überführung mitzuwirken. Eine Wahrheitspflicht des Beschuldigten in egal welcher Vernehmungssituation würde dem entgegenstehen. Das Aussageverweigerungsrecht des Beschuldigten gilt daher allumfassend. Er kann schweigen und muss sich nicht zur Sache äußern und ist auch zu Beginn seiner Vernehmung hierüber zu belehren.
Dieses Recht ist jedoch eng an den Beschuldigtenstatus geknüpft, wodurch sich die Frage stellt, ab wann man denn überhaupt Beschuldigter in einem Strafverfahren ist. An dieser Stelle kann es bereits kompliziert werden, denn nicht immer ist der Tatverdacht von Anfang an klar. Spätestens wenn das Ermittlungsverfahren gegen Sie als Beschuldigter geführt wird, haben Sie auch offiziell den Beschuldigtenstatus und die daraus resultierenden Rechte erlangt. Oft werden spätere Beschuldigte jedoch zunächst als Zeugen befragt und erst im Laufe dieser Befragung ergibt sich ein konkreter Tatverdacht. Dann ist die Vernehmung zu unterbrechen, der nunmehr Beschuldigte über dein Aussageverweigerungsrecht sowie die Unverwertbarkeit der vorherigen Zeugenaussage zu belehren. Seien Sie also auch bei Zeugenaussagen vorsichtig, denn auch wenn es zunächst nur den Anschein einer Zeugenvernehmung hat, kann es sein, dass die Vernehmung dazu dient den Beschuldigtenstatus zu begründen.
Wenn Sie Bedenken haben, eine Vernehmung könnte strafrechtlich relevantes Verhalten offenbaren, befragen Sie zuvor besser einen Fachanwalt für Strafrecht zu dieser Thematik.
Erfolgt die Vernehmung als Zeuge im Prozess, so besteht grundsätzlich eine Zeugnispflicht gemäß § 48 Abs. 1 StPO. Der Zeuge ist jedoch, ebenso wenig wie der Beschuldigte, dazu verpflichtet bei der Polizei zu erscheinen und dort eine Aussage zu machen.
Erst bei einer Ladung durch das Gericht oder die Staatsanwaltschaft ist der Zeuge zum Erscheinen verpflichtet und muss eine Aussage machen.
Daher sollte man sich auch als Zeuge Gedanken darüber machen, ob und gegenüber wem man eine Aussage machen möchte. Es gibt insofern unterschiedliche Gründe davor eine Aussage zu scheuen, insbesondere dann wenn sich der Zeuge in Gewissenskonflikten befindet, z.B. weil sich das Ermittlungsverfahren gegen einen Familienangehörigen richtet. Der Gesetzgeber hat dieses Problem erkannt und daher für gewisse Konstellationen ein Zeugnisverweigerungsrecht vorgesehen.
Nach § 52 StPO dürfen Verlobte, Ehegatten (auch nach der Scheidung) und Angehörige die Aussage verweigern. Nahe Verwandte sind zum Beispiel Eltern, Großeltern, Kinder, Geschwister, Onkel oder Tante. Dies gilt auch für den Schwager oder die Schwägerin.
Gemäß § 53 StPO steht zudem einigen Berufsgruppen, wie Geistliche, Ärzte, Anwälte und Strafverteidiger ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Gerade bei Strafverteidigern ist dieses Recht wichtig, um sicherzustellen, dass der Beschuldigte offen mit seinem Anwalt sprechen kann, ohne dass er Angst haben muss, dass später der Verteidiger als Zeuge gegen ihn Aussagen muss. Darüber hinaus ist der Beschuldigte durch die Verschwiegenheitspflicht des Anwalts geschützt.
Darüber hinaus darf jeder Zeuge die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren wahrheitsgemäße Beantwortung ihn oder einen nahen Angehörigen der Gefahr der Strafverfolgung aussetzen würde (§ 55 StPO). Dieses Recht bezieht sich jedoch nicht auf die Aussage insgesamt, sondern nur auf einzelne Fragen. Das Zeugnisverweigerungsrecht hingegen gilt allumfassend.
Wichtig ist jedoch: Sowohl das Zeugnis- als auch das Auskunftsverweigerungsrecht erlauben es Ihnen lediglich zu schweigen, nicht aber zu lügen. Ein Zeuge der vor Gericht lügt bringt sich selbst in die Gefahr einer Strafbarkeit in Gestalt der falschen uneidlichen Aussage oder des Meineids.
Vorsicht ist auch geboten, wenn Ihnen gar kein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht und Sie zu Unrecht die Aussage verweigern. In solchen Fällen können Ihnen die Kosten auferlegt werden, die durch die Verweigerung der Aussage entstanden sind und zudem wird ein Ordnungsgeld erlassen. Sollte dieses Ordnungsgeld nicht gezahlt werden oder nicht gezahlt werden können, wird ersatzweise Ordnungshaft festgesetzt. Auch darf zum Erzwingen der Aussage des Zeugen eine Haft angeordnet werden, diese darf aber sechs Monate nicht übersteigen und auch nicht länger dauern als das Verfahren.
Ich habe seinerzeit zu dem Thema der Zeugnisverweigerungsrechte im Strafprozess meine Masterarbeit geschrieben und auch in der Praxis zahlreiche Erfahrungen im Zusammenhang mit diesem Themenkomplex. Bei Rückfragen stehe ich Ihnen daher gerne zur Verfügung und berate und vertrete Sie.